ESG in der Immobilienwirtschaft

Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit schließen sich nicht aus!

ESG - Environmental, Social, Governance - ist zu einem der zentralen Begriffe unserer Zeit geworden. Er zwingt die Immobilienwirtschaft zum Umdenken sowie zu einer strategischen Neupositionierung.

Das milliardenschwere EU-Maßnahmenpaket, „Fit for 55“, mit welchem die Europäische Union den Treibhausgasausstoß bis zum Jahr 2030 um 55 Prozent senken uns bis 2050 klimaneutral werden will, wird den Immobiliensektor zudem grundlegend verändern.

ESG als Jahrhundertherausforderung – mehr als nur grün!

ESG steht für Umweltschutz (Environmental), soziale Gerechtigkeit (Social) und gute Unternehmensführung (Governance) und fasst damit alle Aspekte von Nachhaltigkeit zusammen.

„ESG-Kriterien” sind dementsprechend Leitlinien für die Nachhaltigkeit. Als eine Möglichkeit zur Orientierung bei der Entwicklung einer Nachhaltigkeitsstrategie bietet sich daher eine Ausrichtung nach den ESG-Kriterien an. Diese ermöglichen einen ganzheitlichen Blick auf die Nachhaltigkeit einer Organisation, schaffen Einheitlichkeit und Vergleichbarkeit.

  • Environmental (Kriterien für Umwelt- und Klimaschutz): CO2-Emissionen und die Energieeffizienz von Gebäuden sowie langfristig ökologisches und ökonomisches handeln
  • Social (Kriterien für den Umgang mit Mitarbeitern, Mietern, Partnern und Bürgern): Einhaltung von Menschenrechten, Arbeitssicherheit, Gesundheit und Wohlergehen
  • Governance (Kriterien für die Unternehmensführung): Betreffen z.B. Management, Interessenvertretung, Verantwortung und Transparenz

ESG nach BREEAM

Im Rahmen der weltweit führenden Methode zur Bewertung der Nachhaltigkeit von Immobilien, BREEAM (Building Research Establishment Environmental Assessment Methodology), sind die Kriterien in verschiedenen Kategorien unterteilt:

Der Klimawandel ist die größte Umweltkrise, mit der die Weltkonfrontiert ist. Er führt bereits jetzt zu steigenden Temperaturen, einem größeren Überschwemmungsrisiko und extremeren Wetterphänomenen. 38% der weltweiten energiebedingten Kohlenstoffemissionen sind Gebäuden und deren Konstruktionsprozess zuzuschreiben, wobei der größere Anteil dem Energieverbrauch durch Nutzung und Betrieb zuzuschreiben ist.

Aufgrund steigender Bevölkerungsdichten und hoher Wasserverbräuche besteht weltweit Wasserknappheit, die die Tendenz hat, sich langfristig zu verschärfen, da die Wassernachfrage zwischen 2000 und 2050 um 55 % steigen wird. Darüber hinaus trägt die Energie, die für die Gewinnung, Reinigung, Lieferung, Heizung/Kühlung und die Entsorgung von Wasser (und Abwasser) benötigt wird, zum Klimawandel und zur Verschlechterung der Luftqualität bei.

Quote

durch die erhöhte Kapitalverfügbarkeit für ESG-Strategien werden die Preise weiter steigen

ESG als Wettbewerbsvorteil

Ein wichtiges Qualitätskriterium für Investitionsentscheidungen!

Nur wer es schafft, die ESG-Performance seiner Immobilien effektiv zu managen, wird auch wirtschaftlich erfolgreich sein.

Als aktuelle Haupttreiber bei der Transformation werden eine erhöhte Nachfrage nach grünen Investments, eine intrinsische Motivation der Entscheider sowie regulatorische Anforderungen beobachtet. Insbesondere die regulatorischen Vorgaben fördern die Nachfrage nach Green Investments.

In Bezug auf die Performance hat sich die Nachhaltigkeit mittlerweile zu einem wichtigen Qualitätskriterium für Investitionsentscheidungen entwickelt. Das Risiko von nachhaltigen Anlagen ist insgesamt geringer als das von klassischen Produkten – bei gleichzeitig höherer Renditeerwartung. Die Markterfahrung zeigt deutlich, dass sich Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit keinesfalls ausschließen müssen.

Nur wer es schafft, die ESG-Performance seiner Immobilien effektiv zu managen, wird auch wirtschaftlich erfolgreich sein:

  • Regulatorik: EU-Taxonomie und nationale Gesetze bilden die Rahmenbedingungen für die Umsetzung. Derzeit gibt es zwar noch keine Strafen, Vorreiter sichern sich jedoch Wettbewerbsvorteile.
  • Stakeholder: Sowohl Investoren als auch Mieter stellen höhere Anforderungen an die Nachhaltigkeit von Immobilien. Banken fördern ESG-Investments mit besseren Finanzierungskonditionen.
  • Ökonomie: Angesichts der Energiekrise und stark steigender Preise für fossile Energieträger lohnt sich der Umstieg auf erneuerbare Energien mehr als je zuvor.
  • Nachhaltigkeit: Weltweit verursacht der Gebäudesektor rund 38 % der CO2-Emissionen. Die Immobilienwirtschaft spielt also eine entscheidende Rolle beim Klimaschutz.
  • Marktwert: Der Wert einer Immobilie steigt mit Erfüllung der Kriterien. Eine gute ESG-Performance wird mit Marktaufschlägen von bis zu +25% belohnt.

ESG sowie Nachhaltigkeitszertifizierung als Werttreiber

Die Erfüllung von ESG-Kriterien führt zur Steigerung der Immobilienperformance und somit erhöhten Immobilienwerten entweder durch Risikominimierung, Kostenreduzierung oder Umsatzsteigerung.

Geringere Finanzierungskosten, Risikominimierung durch Erfüllung aktueller und eventuell zukünftiger regulatorischer Anforderungen, stabile Nebenkosten machen den Nutzer insgesamt zufriedener und machen das Mietobjekt attraktiver – insgesamt steigt der Wert einer Immobilie mit Erfüllung der Kriterien. 

Marktteilnehmer wie internationale Investoren oder Mieter möchten eine Messbarkeit im Rahmen der Erreichung Ihrer Nachhaltigkeitsziele sicherstellen. Nachhaltigkeitsszertifikate bieten sich als Instrument zwecks Erreichung der Messbarkeit sowie Transparenz an.

Weitere Beispiele für das Anstreben der Zertifikate:

  • ein Zertifikat dokumentiert, dass der Eigentümer für die Nutzer eine nachhaltige Arbeitsstätte geschaffen hat, deren Betrieb gegebenenfalls kostengünstiger ist als der Betrieb einer konventionell errichteten Immobilie.
  • die Steigerung der Attraktivität des Gebäudes im Hinblick auf die Vermarktung und die Dokumentation, dass beispielsweise der CO²-Fußabdruck niedriger ausfällt, damit gesetzlich vorgegebene Nachhaltigkeitsziele erreicht werden können.

Neben dem deutschen Zertifizierungssystem der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) sind das US-amerikanische Leadership in Energy and Environmental Design (LEED) sowie die britische Building Research Establishment Environmental Assessment Method (BREEAM)  im deutschen Immobilienmarkt am meisten verbreitet.

Während BREEAM die Kategorien Management, Energie, Wasser, Landverbrauch, Gesundheit und Wohlbefinden, Transport, Material, Verschmutzung, Abfall und Innovation beurteilt, stützt sich LEED auf die sechs Beurteilungskategorien nachhaltiger Grund und Boden, Wassereffizienz, Energie und Atmosphäre, Materialien und Ressourcen, Innenraumqualität sowie Innovation und Designprozess. Die beiden genannten Zertifizierungssysteme beurteilen die Nachhaltigkeit der Gebäude ganzheitlich und berücksichtigen unter anderem auch Kriterien wie Wohlbefinden/Atmosphäre und Innovation.

Die DGNB hingegen bietet einen umfassenderen und technischeren Ansatz zur Bewertung der Umweltauswirkungen neuer, bestehender oder geplanter Bauwerke. Zu beachten ist, dass DGNB-Zertifizierungen auch die Bewertung des CO²-Fußabdrucks der Immobilie beinhalten, indem ein hauseigenes CO²-Bilanzierungstool verwendet wird, dass die Umweltauswirkungen der Immobilie bewertet. Bei der Bewertung des Lebenszyklus und der Wertschöpfung des Gebäudes betrachtet die DGNB sechs breite Kategorien, darunter die ökologische, ökonomische, soziokulturelle, technische, sowie Prozess- und Standortqualität, die alle entsprechend gewichtet werden.
Eine weitere Gemeinsamkeit der Systeme ist die Bewertungsmethode. LEED, BREEAM und DGNB vergeben Punkte für die Erfüllung einzelner Kriterien, welche anhand von festgelegten Zielwerten und Leitlinien definiert und gewichtet werden.

Die allseitige Forderung nach mehr Nachhaltigkeit wird lauter und nützliche Werkzeuge zur Messbarkeit und Transparenz sind gefragt. Nachhaltigkeitszertifikate wie DGNB, LEED und BREEAM werden am Immobilienmarkt als wichtige Bausteine für mehr Transparenz verstanden, was sich in der steigenden Zahl der zertifizierten Gebäude in den letzten Jahren widerspiegelt. Sie sind mittlerweile nicht nur ein Aushängeschild für Nutzer und Bestandshalter, sondern auch wichtiger Bestandteil bei Anmietungen und Verkaufstransaktionen von Bürogebäuden.

Die Betrachtung des Einflusses eines Nachhaltigkeitszertifikats auf die zu erzielende Miete zeigt auf, dass ein Aufschlag auf die Mieten nachweisbar ist. Die Aufschläge zeigen die positive Auswirkung von Nachhaltigkeitszertifikaten am Immobilienmarkt. Diese Entwicklung wird sich jedoch durch eine Erhöhung der regulatorischen Auflagen und der Selbstverpflichtung von Marktteilnehmern wie Mietern, Finanzinstituten und Investoren verschärfen. Vieles spricht dafür, dass die zunehmende Nachfrage nach grünen Gebäuden bei Flächenknappheit die Mietentwicklung weiter antreiben wird. Ebenfalls spricht vieles dafür, dass die erhöhte Kapitalverfügbarkeit für ESG-Strategien den Druck auf die Renditen erhöhen wird und damit die Preise weiter steigen.